Software-Keyloggers sind unzulässig
Das Bundesarbeitsgericht stellte nun im Urteil vom 27.07.2017 fest, dass ein derartiger Einsatz eines Software-Keyloggers unzulässig ist und deshalb die ausgesprochenen Kündigungen rechtswidrig sind. Eine solche Kontrolle durch den Arbeitgeber stelle einen Verstoß gegen das durch Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Gemäß Art. 2 Abs. 1 GG hat jeder das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Diese Lösung des BAG ist keineswegs selbstverständlich. Es hat nämlich nicht nur ein Arbeitnehmer ein Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, sondern ein Arbeitgeber auch. Und beide Rechte haben den gleichen Rang. Wie löst man das Problem, wenn sich zwei Personen auf das gleiche Grundrecht berufen können? Letztlich über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Natürlich stellt sich für einen vorwiegend wirtschaftlich denkenden Praktiker die Frage, wieso eine solche Kontroll- und Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers überhaupt einen Rechtsverstoß darstellen kann, wenn er doch nur die private Nutzung seiner EDV-Anlage durch die Arbeitnehmer verhindern will. Auf den ersten Blick erscheint es doch ohne weiteres einleuchtend, dass ein Arbeitgeber es nicht hinnehmen muss, dass ein Arbeitnehmer einen Dienstrechner zu privaten Zwecken gebraucht. Eine solche Sicht der Dinge ist angesichts der Komplexität von Lebensvorgängen in Unternehmen zu allgemein und verkennt obendrein, dass ein Arbeitnehmer auch während seiner Berufstätigkeit nicht nur Funktionserfüller sondern auch Mensch ist. Und dieser Mensch wird durch das Grundgesetz auch in einer komplexen Welt geschützt. In diesem Sinne ist das nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht auszulegen. So fällt unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zunächst einmal der Privat- und Intimbereich eines Menschen. Des weiteren steht unter dem Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG unter anderem auch das Recht am eigenen Bild und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Zeitalter der Digitalisierung
Gerade letzteres gewinnt im Zeitalter der Digitalisierung eine zentrale Bedeutung. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung garantiert die Befugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden. Dieses Recht unterliegt allerdings im Arbeitsverhältnis Grenzen. Ein Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis produziert hier nun einmal Daten, die auch von Interesse für den Arbeitgeber sind. Aus diesem Grund wäre es in der Lebenswirklichkeit nicht interessengerecht, allein den Arbeitnehmer entscheiden zu lassen, welche Daten ein Arbeitgeber erheben und verarbeiten darf. Vielmehr ist es notwendig, Lösungen für die unterschiedlichen Interessen zu finden. Da das freie Spiel der Kräfte keine guten Lösungen hervorbrachte, wurde der Gesetzgeber schon vor Jahren tätig und verabschiedete unter anderem das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Und hier ist insbesondere in Bezug auf das Arbeitsverhältnis der § 32 BDSG zu erwähnen. Nach dieser Vorschrift dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies unter anderem für dessen Durchführung erforderlich ist. Dies führt zu der konkreten Frage, ob eine totale Erfassung und Auswertung aller Tastatureingaben für die Durchführung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Das Bundesarbeitsgericht hat dem eine Absage erteilt. Eine totale Erfassung und Auswertung von Tastatureingaben macht einen Arbeitnehmer - vor allem, wenn er ausschließlich am Computer arbeitet - während der Arbeitszeit gläsern. Und allein dieser Umstand ist nicht ohne weiteres mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers vereinbar. Vielmehr muss der mit der Datenerhebung verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers auch im Rahmen des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG einer Abwägung der beiderseitigen Interessen ( gemeint sind die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen) dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit standhalten. Diese einschränkende Auslegung des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG wird aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitet. Und nach diesem Grundsatz ist ein Eingriff nur dann verhältnismäßig, wenn er geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen ist, um den erstrebten Zweck zu erreichen.
Natürlich ist eine totale Erfassung aller Tastatureingaben geeignet, einen Missbrauch der Dienstcomputer für private Zwecke zu erkennen. Es lässt sich aus diesen Daten aber noch sehr viel mehr herauslesen. Im seinem Urteil führt das BAG dies unter anderem wie folgt aus: "Es werden - für den Benutzer irreversibel - alle Eingaben über die Tastatur eines Computers einschließlich des Zeitpunkts der Eingabe sowie des zeitlichen Abstands zwischen zwei Eingaben erfasst und gespeichert. Die auf diese Weise gewonnenen Daten ermöglichen es, ein nahezu umfassendes und lückenloses Profil sowohl von der privaten als auch der dienstlichen Nutzung durch den Betroffenen zu erstellen. Dabei werden nicht nur gespeicherte Endfassungen und ggf. Zwischenentwürfe bestimmter Dokumente sichtbar, sondern es lässt sich jeder Schritt der Arbeitsweise des Benutzers nachvollziehen. " Wenn eine Maßnahme derart in Richtung einer Totalüberwachung geht, stellt dies eine eingriffsintensive Maßnahme dar, die nicht schon dadurch gerechtfertigt ist, dass der Arbeitgeber eine private Nutzung des Dienstrechners durch seine Arbeitnehmer verhindern will. Aus diesem Grund hat das BAG eine derartige Überwachungsmaßnahme für rechtswidrig erklärt. Vielmehr bedarf es hier eines auf konkreten Tatsachen basierenden begründeten Verdachts einer schwerwiegenden, jedoch nicht zwangsläufig strafbaren Pflichtverletzung. Erfolgt hingegen eine verdeckte Ermittlung "ins Blaue hinein", ob ein Arbeitnehmer sich pflichtwidrig verhält, ist eine solche Maßnahme weder von § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG noch von Art. 2 GG gedeckt.