Roland Stemke
Rechtsanwalt
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14.08.2017

Das Kraftfahrzeug im Unternehmen Teil 2

Die Überlassung von Kraftfahrzeugen an Arbeitnehmer


In der Ausgabe des Allgäuer Wirtschaftsmagazins 6/2010 wurde eine Beitragsreihe mit dem Titel „Das Kraftfahrzeug im Unternehmen" begonnen. Diese wird nun nach-folgend mit einem Beitrag zur Überlassung von Kraftfahrzeugen an Arbeitnehmer fortgesetzt.

Grundsätzlich ist es Sache des Arbeitgebers, ob er zur Erledigung von Unterneh-mensaufgaben Dienstwagen anschafft und Arbeitnehmern zur Verfügung stellt. Schafft er keinen Dienstwagen an, muss er notwendige Unternehmensfahrten ent-weder extern vergeben, z.B. durch Beauftragung eines Taxiunternehmens, oder diese Fahrten intern von einem Arbeitnehmer mit dessen Privat-PKW durchführen lassen. Hierbei stellt sich aber das rechtliche Problem, dass kein Arbeitnehmer ver-pflichtet sein kann, sein Privatfahrzeug dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen, selbst wenn er hierfür Aufwendungsersatz erhält.

1. Vertragliche Regelungen

Entschließt sich ein Arbeitgeber, ein oder mehrere Dienstfahrzeuge für sein Un-ternehmen anzuschaffen, dann kommt es ganz entscheidend darauf an, ob diese Fahrzeuge nur zur dienstlichen Nutzung angeschafft werden oder auch zur privaten Nutzung einem Arbeitnehmer überlassen werden. Wird ein Firmenfahrzeug auch zur Privatnutzung eines Arbeitnehmers angeschafft, empfiehlt es sich dringend, dies vertraglich zu regeln. Darf hingegen ein Fahrzeug nur dienstlich genutzt werden, ist keine vertragliche Vereinbarung notwendig. Den Gebrauch der Fahrzeuge kann der Arbeitgeber dann allein mittels des ihm zustehenden Direktionsrechts regeln. Wie schon im Beitrag in der letzten Ausgabe des Allgäuer Wirtschaftsmagazins vorgestellt, kann die Anschaffung eines Fahrzeugs entweder mittels Kaufs oder mittels Leasings erfolgen. Der Arbeitgeber kann entweder dem Arbeitnehmer ein bestimmtes Modell überlassen, welches er selber ausgesucht und angeschafft hat. Rechtlich möglich ist aber auch die Überlassung eines Dienstwagens, den der Arbeitnehmer selber aussucht. Dann allerdings sollte festgelegt werden, welche Pkw-Kategorie der Arbeitnehmer auswählen darf. Hierbei ist es rechtlich e-benfalls zulässig, Sonderwünschen des Arbeitnehmers zu entsprechen und diesen hierfür an den Mehrkosten angemessen zu beteiligen.

Ist eine Privatnutzung des Dienstfahrzeugs vereinbart, sollte die Vereinbarung auch Regelungen darüber enthalten, wofür der Arbeitnehmer das Fahrzeug be-nutzen darf. So sollte geregelt werden, ob neben dem Arbeitnehmer noch weite-re Familienangehörige des Arbeitnehmers das Fahrzeug nutzen dürfen. Es sollte geregelt werden, ob der Arbeitnehmer zu Auslandsfahrten, insbesondere außerhalb der EU, mit dem Dienstfahrzeug berechtigt ist. Des weiteren kann geregelt werden, inwieweit der Arbeitnehmer für Unterhaltskosten während der Privatnutzung aufzukommen hat. Ebenso sollte vereinbart sein, dass eine außergewöhnliche Nutzung des Fahrzeugs, wie z.B. Teilnahme an einer Motorsportveranstaltung, grundsätzlich untersagt ist. Welche Regelungen hier sonst noch im Einzelfall von Bedeutung sein können, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab.

Von besonderer Bedeutung ist, ob die private Nutzung eines Firmenfahrzeugs vom Arbeitgeber einseitig widerrufen werden kann. Nach einem Urteil des Bun-desarbeitsgerichts vom 19.12.2006 (Az. 9 AZR 294/06) ist dies nicht ohne weite-res möglich. So entschied das Bundesarbeitsgericht, dass eine Vereinbarung in einem Formularvertrag (und praktisch jeder vom Arbeitgeber verwendete schriftli-che Arbeitsvertrag ist ein solcher), nach welcher der Arbeitgeber berechtigt ist, je-derzeit die Überlassung eines auch zur Privatnutzung zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeugs zu widerrufen, zu weit gefasst und deshalb unwirksam ist. Grundsätzlich gehört zur Hauptleistungspflicht eines Arbeitgebers, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers mit Geld zur vergüten. Mit der vereinbarten Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung wird nun die Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers erweitert. Sie ist eine zusätzliche Gegenleistung in Form eines Sachbezugs für die geschuldete Arbeitsleistung. Dabei ist die Privatnutzung eines Dienstfahrzeugs ein typisches Mittel zur Gehaltsfindung. Mit ihr wird dem Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil zugewendet. Im Arbeitsrecht ist aber anerkannt, dass eine verschlechternde Änderung der Hauptleistungspflicht nur über den Weg der berechtigten Änderungskündigung einseitige durchgesetzt werden kann. Daher kann kein Arbeitgeber einseitig berechtigt einfach so die Vergütung kürzen. Soweit aber geht das Bundesarbeitsgericht bezüglich der Privatnutzung eines Firmenfahr-zeugs nicht. In seinem Urteil vom 19.12.2006 (Az.: 9 AZR 294/06) hält es für den Entzug der Privatnutzung eine Änderungskündigung grundsätzlich für nicht erforderlich. Denn durch den Wegfall der privaten Nutzungsmöglichkeit des Firmenwagens wird das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeits-verhältnis nicht grundlegend gestört. Eine grundlegende Störung dieses Verhältnisses liegt erst dann vor, wenn durch den Wegfall der Nutzungsmöglichkeit mehr 25 % des regelmäßigen Verdienstes betroffen sind. In der Praxis dürfte es derartige Fälle kaum geben. Dies bedeutet für den Arbeitgeber, dass man in einer Vereinbarung die Widerrufsgründe genau regeln sollte. Dabei kommen nur solche Widerrufsgründe in Frage, die unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer nicht unzumutbar sind. Der Widerrufsvorbehalt sollte also nur auf die Fälle beschränkt werden, in denen ein anzuerkennender Sachgrund daran besteht, die Privatnutzung einzustellen.

Ein solcher Fall könnte zum Beispiel die Änderung der Tätigkeit des Mitarbeiters sein. Wechselt ein Arbeitnehmer vom Außendienst in den Innendienst, entfällt das betriebliche Bedürfnis, diesem Mitarbeiter ein Dienstfahrzeug zur Verfügung zu stellen. Ein anderer Fall wäre die Erkrankung des Mitarbeiters nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums. Nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 27.07.2009, Az.: 15 SA 25/09) soll der Arbeitgeber sogar berechtigt sein, in diesem Fall die Privatnutzung ohne eine vertragliche Widerrufsregel zu untersagen. Hingegen ist der einseitige Widerruf der Privatnutzung nicht möglich für Zeiten, für die der Arbeitgeber Arbeitsentgelt fortzahlen muss, auch wenn er dafür keine Gegenleistung erhält. Zu nennen sind hier insbesondere der Erholungsurlaub, die Arbeitsunfähigkeit bis sechs Wochen, sowie die Freistellung (dazu später mehr). Nach einem Urteil des BAG vom 11.10.2000 (Az.: 5 AZR 240/99) ist das Dienstfahrzeug auch während der gesetzlichen Mutterschutzfristen einer Arbeitnehmerin zur privaten Nutzung zu überlassen. Abschließend sei noch auf einen interessanten Fall hingewiesen, den das BAG in seinem Urteil vom 23.06. 2004 (Az.: 7 AZR 514/03) entschieden hat. Bei diesem Fall ging es um die Privatnutzung eines Dienstwagens durch ein frei gestelltes Betriebsratsmitglied. Der Arbeitnehmer war zunächst als Vertriebsdisponent für den Arbeitgeber tätig und hatte in diesem Zusammenhang ein Firmenfahrzeug mit dem Recht zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt bekommen. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses wurde der Arbeitnehmer in den Betriebsrat gewählt und schließlich zur Ausübung der Betriebsratstätigkeit vollständig von der beruflichen Tätigkeit befreit. Dadurch entfielen vollständig Dienstreisen. Daraufhin meinte der Arbeitgeber, dass dies ein Grund wäre, dem Arbeitnehmer die private Nutzung des Firmenfahrzeugs zu versagen. Das Bundesarbeitsgericht teilte diese Meinung nicht, da gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG durch die Freistellung eines Betriebsrats dessen Arbeitsentgelt nicht gemindert werden dürfe. Die Privatnutzung eines Pkw's gehört zum Arbeitsentgelt. Dies hatte zur Folge, dass der Arbeitgeber ein Firmenfahrzeug finanzierte, welches letztlich nur privat genutzt wurde. Das Urteil ist rechtsdogmatisch völlig in Ordnung, wirtschaftlich aber Arbeitgebern vermutlich nur schwer vermittelbar.

2. Haftung bei Beschädigung

Wird ein Firmenfahrzeug vom Arbeitnehmer beschädigt, haftet er nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Diese Grundsätze wurden in einer Fülle von höchstrichterlichen Urteilen wie folgt erarbeitet: Wird das Fahrzeug ohne Verschulden des Arbeitnehmers oder nur aufgrund leichtester Fahrlässigkeit beschädigt, haftet der Arbeitnehmer nicht. Bei mittlerer Fahrlässigkeit besteht eine anteilige Haftung. Bei grober Fahrlässigkeit und bei Vorsatz besteht eine volle Haftung. Weitere Ausführungen zu diesem Thema werden im nächsten Beitrag in der folgenden Ausgabe des Allgäuer Wirtschaftsmagazins gemacht, wenn es um die Behandlung von Verkehrsunfällen geht.

3. Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Wird das Arbeitsverhältnis beendet, hat der Arbeitnehmer den Dienstwagen zum Beendigungszeitpunkt herauszugeben. Dies klingt eindeutig, führt aber dann zu Problemen, wenn es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Streit gibt. So kommt in der betrieblichen Praxis immer wieder der Fall vor, dass das Arbeitverhältnis nur mit einer längeren Kündigungsfrist kündbar ist, der Arbeitgeber aber den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Erbringung der Arbeitsleistung frei stellt. Dann stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer den Dienstwagen schon mit Beginn der Freistellung zurückfordern kann. Ist keine Privatnutzung des Dienstwagens vereinbart, ist dies ohne Weiteres möglich. Ist eine Privatnutzung vereinbart, dann ist, wie oben schon ausgeführt wurde, die Privatnutzung ein Vergütungsbestandteil. Da der Arbeitgeber die Verpflichtung hat, die Vergütung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses zu bezahlen, hat somit der Arbeitnehmer dann auch einen Anspruch auf die Privatnutzung bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses.

Ist eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht anhängig und dauert der Rechtsstreit über das Ende des Arbeitsverhältnisses fort, muss der Arbeitnehmer trotzdem nach Ablauf der Kündigungsfrist das Dienstfahrzeug herausgeben. Er-weist sich im Nachhinein die Kündigung dann als unwirksam, steht dem Arbeit-nehmer wegen des Entzugs des Dienstwagens eine Entschädigung zu.

Ein weiteres Problem, welches sich im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses immer wieder stellt, ist, ob dem Arbeitnehmer über den Zeitraum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus ein Zurückbehaltungsrecht an dem Pkw zustehen könnte, z.B. wegen nicht gezahlter Vergütung. Nach Ansicht des LAG Köln (Urteil vom 12.06.2007, Az.: 9 SaGa 6/07) ist ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers wegen rückständiger Lohnansprüche gegenüber dem Verlangen des Arbeitgebers auf Herausgabe des Dienstfahrzeugs grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Will also der Arbeitgeber dieses Risiko der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nach tatsächlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses vermeiden, muss er vorher vertraglich regeln, dass es dem Arbeitnehmer untersagt ist, sich bezüglich des Dienstwagens auf sein Zurückbehaltungsrecht zu berufen. Hierbei sei allerdings darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Ausschluss nicht mittels allgemeiner Geschäftsbedingungen vereinbart werden kann. Legt also ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine vorformulierte Dienstwagenvereinbarung vor und regelt darin einseitig, dass sich der Arbeitnehmer nicht auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen könne, so dürfte diese Regelung wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 2 BGB unwirksam sein. Dies gilt hingegen nicht, wenn der Ausschluss des Berufens auf das Zurückbehaltungsrecht mittels offener Verhandlung vereinbart wird. Dann liegt im rechtlichen Sinne eben keine allgemeine Geschäftsbedingung vor. Offene Verhandlungen auf Au-genhöhe zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mögen zwar nicht in großer Zahl vorkommen, sind aber durchaus möglich. Ist zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer hinsichtlich des Zurückbehaltungsrechts nichts geregelt, muss der Arbeitgeber trotzdem nicht tatenlos zusehen, wie der Arbeitnehmer unter Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht den Pkw nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin privat nutzt. Der Arbeitgeber braucht in diesem Fall den Pkw ja nur bei der Haftpflichtversicherung abzumelden, was zwingend zur Folge hat, dass damit der Pkw im öffentlichen Straßenverkehr nicht mehr geführt werden darf.